Internet-Apotheke - Mit Nebenwirkungen

17.02.2014 19:15

Die Eröffnung der ersten europäischen Internet-Apotheke ruft Anhänger und Gegner auf den Plan.

Diese Woche solls losgehen: Die erste Internet-Apotheke Europas öffnet ihre virtuellen Tore. Unter der Adresse www.docmorris.com werden die 350 meist verkauften Medikamente zu einem europaweit einheitlichen Tarif angeboten.

«Wir liegen mit unseren Angeboten deutlich unter dem Preisniveau der Schweiz», erklärt Ralf Daeinghaos, Geschäftsführer von DocMorris.com. Noch seien die Preise nicht definitv fixiert, «aber wir dürften bis zu 50 Prozent billiger sein».

Entsprechend gross sind die Erwartungen. Bis Ende Jahr peilt DocMorris.com 50 000 Kunden an. Sitz des Unternehmens ist in den Niederlanden, weils dort im Gegensatz zu den meisten europäischen Staaten für Arzneimittel keine Preisbindung gibt. Die tiefen Verkaufspreise kurbeln die Nachfrage an. So schätzt die deutsche Apotheker-Vereinigung, dass bereits die Hälfte aller Potenzmittel und ein Grossteil der Lifestyle-Medikamente online bestellt werden. Auch Antibabypillen und Grippemittel, die Konsumenten selbst bezahlen müssen, werden häufig nachgefragt.

Vertreter der Schweizer Gesundheitsbehörden haben an dieser Entwicklung keine Freude. Regina Steffen vom Apotheker-Verein warnt: «Angesichts der Gefahren, die bei einer Bestellung im Internet für Laien ausgehen können, ist das grundsätzliche Medikamentenverbot des Versandhandels im neuen Heilmittelgesetz gerechtfertigt.» Ähnlich sieht es Jean-Christophe Méroz, Jurist bei der Interkantonalen Kontrollstelle für Heilmittel (IKS): «Bei Internet-Bestellungen sind die Informationen zum Medikament meistens ungenügend. Zudem treten oft unerwünschte Nebenwirkungen auf.»

Komme es zu einem Notfall, sei es schwierig, die Zusammensetzungen der eingenommenen Produkte ausfindig zu machen, argumentiert der IKS-Jurist. Um solche Fälle zu vermeiden, dürften in der Schweiz nur bei der IKS registrierte Produkte in den Verkauf gelangen. «Wer Medikamente in die Schweiz liefert, die nicht registriert sind, handelt illegal», so Méroz.

Theoretisch zumindest.

Praktisch kann niemand verhindern, dass sich Schweizer Konsumenten im Internet mit günstigeren Heilmitteln aus dem Ausland eindecken. Viele Internet-Apotheken liefern ihre Ware in die Schweiz aus, obwohl es auf ihrer Website aus rechtlichen Gründen heisst, dass sie es nicht tun.

Auch die DocMorris-Betreiber erklären, «nicht in die Schweiz zu liefern». Das könne sich aber bald ändern, «der Schweizer Markt ist sehr interessant für uns».

Noch kann sich die Schweiz als Nicht-EU-Mitglied gegenüber Europa abschotten. Die IKS prüft alle Präparate noch einmal - auch solche, die die zentrale europäische Kontrollstelle für gut befunden hat. Das sei üblich, erklärt Méroz. «Trotz europäischer Kontrollstelle gibt es in den EU-Ländern nationale Gremien. Die Schweiz macht da keine Ausnahme.» Es sei aber klar, dass unser Land künftig noch enger mit den europäischen Stellen zusammenarbeiten werde.

Damit liessen sich Kosten senken. Eine dringend notwendige Massnahme, steigen die Krankenkassen-Prämien doch auch dieses Jahr weiter an.

Schuld daran seien jedoch nicht die Apotheker, betont deren Vertreterin: «Wir leisten schon heute substanzielle Beiträge zur Stabilisierung der Kosten im Gesundheitswesen.» Rund 170 Millionen Franken würden durch verschiedene Massnahmen ab 2001 jährlich eingespart. «Mehr», so Steffen, «liegt auf Kosten der Apotheker nicht drin.»